Alles gut

 

 

Im Sommer durfte ich eine Ausstellung in der evangelischen Kirche in Überlingen präsentieren. Es ist eine schöne Kirche, hell und schlicht. Meine Bilder kamen dort bestens zur Geltung. Den ganzen Tag gingen Leute aus und ein und betrachteten die Bilder und einige sprachen auch gerne mit mir darüber. In diesem Sommer, in dem so vieles nicht möglich war, waren wir froh, hier eine Begegnungsmöglichkeit zu haben. Und wir waren froh, hier den Glauben miteinander zu teilen.

 

Eines Tages kam jedoch eine Frau und äußerte ihren großen Ärger. „Normalerweise komme ich hier jeden Tag hinein. Hier ist es normalerweise ganz leer und still. Es ist mein Ruheort. Und jetzt sind immer wieder Leute da, und sie reden miteinander. Jetzt kann ich hier gar keine Stille finden.“ Ich erschrak über ihre heftige Reaktion. Ich versuchte, sie zu beruhigen. Ich versuchte auch, ihr Alternativen vorzuschlagen. Hinter der Kirche gab es einen schönen stillen Garten. Normalerweise saß niemand dort. Er war ein Geheimtip. Dort hätte sie völlige Ruhe gehabt. Und es gab noch eine andere Kirche ganz in der Nähe, in der gar nichts los war. Und es gab den Kurpark und die Wege am See. Aber diese Alternativen mochte sie nicht. Sie hing einfach an ihrer Kirche. Ärgerlich ging sie weg.

 

Abends erzählte ich der Pfarrerin davon. Wenn wir uns sahen, tauschten wir uns ab und zu ein wenig darüber aus, wie der Tag gelaufen war. Sie hatte mich zu dieser Ausstellung eingeladen. Sie hörte gerne davon, wie die Leute auf die Ausstellung reagieren. Und mir war es wichtig, mit ihr zu beraten, wenn Schwierigkeiten auftauchten. „Alles gut“, sagte sie. „Machen Sie sich keine Sorgen!“ 

 

An einem Abend fand ich seltsamerweise meinen Kirchenschlüssel nicht. Ich hatte zugesagt, die Kirche abends zuzuschliessen. Der Schlüssel war jedoch unauffindbar. Ich konnte die Kirche nicht die ganze Nacht offenlassen. So blieb mir nichts als bei ihr zu klingeln. Es tat mir leid und war mir peinlich. Sie hatte wahrlich ihren Feierabend verdient. Sie machte kein großes Ding daraus. Sie ging geschwind mit mir hinüber und zusammen fanden wir meinen verlegten Schlüssel und schlossen dann die Türe zu. „Vielen, vielen Dank“, sagte ich. „Alles gut“, antwortete sie. „So was ist doch kein Problem“.

 

„Alles gut!“ Sie sagt diese Worte täglich. Vielleicht sogar jetzt.  

 

„Alles gut!“ Dieser Satz ist mir im Ohr geblieben. Es sind nur zwei Wörtchen. Ein ganzes Universum liegt darin. Heißt das: Alles ist gut? Oder heißt das: Alles wird gut? Es kann beides sein. Ich höre in diesem Satz ganz viel Vertrauen. Es wird alles gut werden! Und ich höre die Bereitschaft, die Schwierigkeiten als Teil des Weges anzunehmen, damit zu leben und das Beste draus zu machen. Ich höre eine große Bejahung des Lebens darin.

 

Ihr Satz gibt mir so viel Stoff zum Nachdenken, dass ich mir gerade überlege, ob ich daraus den Titel für meine nächste Ausstellung mache und für mein nächstes Buch. Alles gut!

Was meinen Sie dazu?

 

Ich lade Sie ein, heute mit diesem Satz umzugehen. Setzen Sie das, was passiert, unter diese Überschrift. Taugt diese Überschrift auch für die besondere Art der Adventszeit, die wir jetzt erleben?

 

Ich weiß, dass dies nun eine „harte Nuß“ ist. Knacken Sie daran. Und wenn Sie mögen, lassen Sie mich Ihre Überlegungen dazu wissen. Ich bin sehr gespannt darauf.

 

Ich wünsche Ihnen und Euch allen einen guten Tag!

 

Gabriele Koenigs 

 

 

 

 

 

 

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