Ich sagen

Du bist nicht allein. Mischtechnik auf Leinwand von Gabriele Koenigs (2024). Als Original und als Kunstpostkarte erhältlich
Du bist nicht allein. Mischtechnik auf Leinwand von Gabriele Koenigs (2024). Als Original und als Kunstpostkarte erhältlich

Meinen Eltern war es wichtig, uns Kindern gutes Benehmen beizubringen. Eine Regel, die ich früh lernte, hieß: "Beginne Briefe niemals mit dem Wörtchen "ich". Wenn du mit "ich" anfängst, wirkst du wie eine Angeberin oder eine Egoistin. Viel besser ist es, wenn du zeigst, dass du dich für die anderen interessierst.

So schrieb ich z.B:  "Liebe Tante Inge, wie geht es dir? Mir geht es gut..." 

 

Das Wörtchen "ich" galt als verdächtig. Das war nicht nur in unserer Familie so. Wir haben nicht gelernt, darüber zu sprechen, wie es uns wirklich geht. "Ich bin traurig wegen...". "Ich ärgere mich..." "Ich denke...." "Ich bin unglücklich über..." "Ich möchte gerne..." Wir haben uns zurückgenommen. Wenn mich jemand gefragt hat, wie es mir geht, war ich ziemlich überfragt. Ich war nicht geübt darin, mich auszudrücken. Und ich war auch nicht sicher, ob der andere oder die andere das wirklich wissen will, oder ob es nur eine Höflichkeitsformel ist. So habe ich mir lieber auf die Zunge  gebissen und nichts gesagt oder einfach nur: "Mir geht es gut". Dabei ging es mir oft überhaupt nicht gut. Ich fühlte mich einsam und unverstanden und wusste gar nicht, ob jemandem wirklich an mir liegt. Ich war ein stilles und scheues Mädchen. 

 

Heute spreche ich sehr gerne. Ich genieße es, wenn die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher sich für mich interessieren und alle möglichen Fragen stellen. Ich erzähle von mir und meinem Werdegang und von den Ideen und Geschichten, die hinter meinen Bildern stehen. Ich erzähle von meinem Erleben. Das Wörtchen "ich" vermeide ich nicht mehr. Es gehört dazu, und es ist genauso wichtig wie das "du" oder "wir" oder "Sie". Bei der Finissage hat eine Besucherin gesagt: "Es ist schön, dass Sie so persönlich auf die Fragen antworten". Das hat mich sehr gefreut. Aufrichtig von sich selbst erzählen ist keine Angeberei. Das habe ich inzwischen gelernt. 

 

Immer wieder geschieht es, dass Menschen mir in der Ausstellung von sich erzählen. Oder dass sie mir schreiben und dabei von sich erzählen. Ich bin dankbar für die Geschichten, die ich hören darf. Sie kommen mitten aus dem Erleben, mitten aus der Wirklichkeit. Sie sind viel faszinierender und aufrichtiger als die erfundenen Geschichten. Sie erzählen von Stolpersteinen im Leben, von erfahrener Hilfe, von Umwegen und von der Führung durch den Gottesgeist. Sie erzählen von der Kraft der Liebe, von Sehnsucht und Not. Sie erzählen von Kummer und Freude und Erleichterung. Alles ist darinnen, was menschliches Leben ausmacht. Manchmal darf ich eine Geschichte aufgreifen und weitererzählen. Dies ist ein großes Geschenk: Nicht nur für mich, sondern auch für diejenigen, die meine sonntäglichen Ermutigungen oder meine Bücher lesen. Ich bin sehr dankbar dafür. 

 

Ich bin eine unter vielen, eine in der Kette der Generationen, ein Glied der riesengroßen Menschheitsfamilie. Sie sind es auch. Ihr seid es auch. Jedes von uns erlebt das Leben auf die eigene, unverwechselbare Weise. Jedes von uns trägt etwas bei zum Gesamten. Jedes von uns ist unendlich geliebt. Lassen wir das einander spüren, so gut wir können. 

 

Alles Liebe und Gute für Euch und für Sie! 

Gabriele Koenigs 

 


Ich bin jetzt wieder zuhause und bin dabei, alles zuhause wieder einzuordnen. Morgen werde ich damit anfangen, bestellte Bilder, Bücher und Karten zu verschicken, versprochene Rechnungen zu schreiben und anderes mehr. Die Nacharbeit nach einer Ausstellung dauert genauso lange wie die Vorbereitung. Und ich bin noch ziemlich müde. Darum geht manches nicht so fix, wie ich das gerne hätte. Alle, die auf etwas von mir warten, bitte ich noch um ein wenig Geduld. 

 

 


Hier können Sie den Kammerchor voces 8 hören. Er singt ein Musikstück von dem zeitgenössischen amerikanischen Komponisten Jake Runestad: Let my love by heard. Es ist eine Bitte an die Engel im Himmel. Lasst meine Liebe hörbar werden! 

 

Viel Freude beim Hören! 

 

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