
Hannes ist ein kluger Junge. Seine Eltern haben sich schon immer gewundert, welche Fragen er stellt. Er will den Dingen tief auf den Grund gehen. Er liest viel. Und er verabscheut den Lärm. Es macht ihn beinahe verrückt, wenn irgendwo stundenlang ein Radio läuft. Wenn er dasitzt, um zu zeichnen oder zu lesen oder zu lernen, braucht er Ruhe um sich.
Am wohlsten ist ihm, wenn er an seinem Lieblingsplatz draußen ist. Er kennt einen kleinen See, nicht weit von zuhause. Er liebt es, den Wasservögeln bei ihrem Treiben zuzuschauen. Manchmal lässt er Kieselsteine über das Wasser hüpfen. Am liebsten lehnt er sich gegen den Stamm eines alten Baumes, der am Ufer steht, und geht mit seinen Blicken spazieren. Hier draußen kann er am besten zur Ruhe kommen. Hier kann er träumen, ungestört. Er träumt von einer Welt ohne Krieg und Gewalt und Hunger. Er ahnt, dass sie nicht einfach vom Himmel fallen wird. Er fragt sich, was er beitragen könnte zu einer besseren Welt.
Vor ein paar Tagen haben sie in der Schule darüber gesprochen, welche Berufe jeder ergreifen will. Manche hatten schon ganz klare Vorstellungen. Hannes weiß es noch gar nicht.
Gestern hat er Felix getroffen. Felix ist einige Jahre älter als er. Er ist im Nachbarhaus aufgewachsen. Hannes schaut zu ihm auf wie zu einem großen Bruder. Früher haben sie viele Stunden miteinander verbracht. Hannes hat vieles von Felix abgeschaut. Vor einem Jahr ist Felix ausgezogen und hat ein Mathematikstudium begonnen. Leider hat ihm das gar nicht gefallen. Es hat nicht zu ihm gepasst. Darum hat er es nach ein paar Monaten abgebrochen. Eine Zeit lang hat er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Dann hat er beschlossen, einen neuen Anfang zu wagen. Er hat sich für ein Architekturstudium beworben. Tatsächlich wurde er angenommen. Nun sind die ersten beiden Wochen im neuen Studium vorbei. Felix war gestern zu Besuch bei seinen Eltern, und natürlich hat er auch mit Hannes gesprochen. "Stell dir vor, wir sollen jeden Tag etwas zeichnen! Wir sollen immer bessere Zeichner werden. Und wir sollen auch mit der Kamera unterwegs sein. Gerade habe ich die Aufgabe, Treppen zu fotografieren, aus allen möglichen Blickwinkeln. Wir sind in kleine Gruppen eingeteilt. Mit meiner Gruppe habe ich eine Sitzbank konstruiert und ein Modell davon gebaut. Und wir machen in jedem Semester Exkursionen zu interessanten Gebäuden und in interessante Städte. Im nächsten Sommer fahren wir alle zusammen mit unserem Professor nach Venedig."
Felix ist eigentlich auch eher ein stiller Bürger. Aber diesmal konnte er beinahe nicht aufhören zu erzählen. Seine Augen leuchteten. Wahrscheinlich hat er jetzt das Studium gefunden, das wirklich zu ihm passt.
Hannes hat begriffen, dass manchmal ein Umweg nötig ist. Manchmal ist etwas nicht auf Anhieb klar. Er nimmt sich vor, so lange zu suchen, bis er das findet, was am besten zu ihm passt.
Sein Blick fällt jetzt auf eine Pusteblume. Vorsichtig pflückt er sie ab und hält sie in den Händen. Dann pustet er, wie ein Kind. "Gut, dass niemand mich jetzt sieht", denkt er. Mit jedem Samenkorn lässt er einen Wunsch in die Welt fliegen. Es wird ihm leicht ums Herz. Zuversicht keimt in ihm auf. Er wird seinen Weg finden.
Ganz herzliche Grüße von
Gabriele Koenigs
Die englische Liedermacherin Kate Rusby hat für ihre beiden Töchter im Teenageralter ein wunderschönes ermutigendes Lied geschrieben. "Let your light shine": Lasst euer Licht leuchten. Hier singt sie das Lied zusammen mit einem Jugendchor. Sehen Sie, wie gut dieses Lied den Jugendlichen tut, die mitsingen?
Diese Botschaft ist nicht nur für Kinder und Jugendliche gut, sondern auch für uns Erwachsene. Kate Rusby singt sie uns allen zu. Viel Freude beim Anhören!
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Susanne Einsiedel (Sonntag, 26 Oktober 2025 09:06)
Ich träume mein Leben...
Danke liebe gabriele,mein Enkelsohn Atreju ist gerade da, ich begleite ihn nach Stuttgart nachher .dann fährt er zum erstem Mal alleine Zug,bis nach Bremen...ich melde mich bald per Telefon