Ein Schwätzchen

Schau mal. Aquarell von Gabriele Koenigs (2019). Nach einem historischen Foto aus Calw (1910). Als Originalbild erhältlich
Schau mal. Aquarell von Gabriele Koenigs (2019). Nach einem historischen Foto aus Calw (1910). Als Originalbild erhältlich

Früher standen die Leute öfters am Fenster und haben sich von dort aus unterhalten. Eine meiner Nachbarinnen macht das auch mit Vorliebe: Sie lehnt sich aus dem Fenster, hat ein Kissen unter die Ellbogen gelegt, und dann redet sie mit diesem und jenem, wer gerade vorbeikommt. Alle möglichen Gesprächsthemen kommen dran, nicht nur Corona. Ich musste schmunzeln, als ich das diese Tage mal wieder sah. Natürlich bin ich auch auf ein Schwätzchen unter ihrem Fenster stehengeblieben. Keine Infektionsgefahr auf diese Weise, und trotzdem viel Kontakt!

 

Es ist ein Unterschied zwischen einem solchen Schwätzchen und einem tiefgreifenden Gespräch. Manches gehört unter 4 Augen und Ohren. Das braucht nicht die ganze Straße mithören. Aber vieles geht auch so: unverbindlicher, lockerer, leichter. Und ein Scherz ist auch oft dabei. 

 

Inzwischen wird es wärmer. Wir brauchen nicht mehr Fenster und Türen geschlossen halten, damit die Wärme drinnen bleibt. Wir können Luft reinlassen, welch eine Wohltat. Die Nase mal rausstrecken, wie wichtig ist das. Und eine Runde spazierengehen, möglichst flott, damit wir mal in Schwung kommen. Mir tut es richtig gut, wenn ich mich dazu aufraffe.

 

Manchmal bin ich sehr in mich gekehrt, wenn ich spazierengehe. Ich suche die Stille und habe gar kein Bedürfnis nach Kontakt. Jetzt ist es anders. Ich gehe mit offenem Blick. Ich freue mich, wenn ich unterwegs jemanden sehe. Ich grüße und sage ein paar nette Worte, einfach so. Manche Menschen sind scheu und senken den Blick - so, als ob auch Blicke ansteckend wären. Aber die meisten freuen sich über ein bisschen Kontakt, ein paar Worte, eine kleine Begegnung. Abstand halten geht ja trotzdem. Draußen ist das gar kein Problem. 

 

Ein Lächeln ist die kürzeste Brücke zwischen zwei Menschen. Ein Lächeln, ein Hallo: das fühlt sich nach Leben an. Sich füreinander interessieren: das fühlt sich nach Leben an. Einander Blicke gönnen: Das fühlt sich nach Leben an. Und das geht auch in solch schwierigen Zeiten wie jetzt. Wir brauchen das jetzt sogar ganz besonders. 

 

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen guten Tag. 

Gabriele Koenigs 

 

 

 

 

 

Und für heute gibt es richtig vergnügte Musik. Es ist ein Männerchor aus Amerika. Die Worte gehen ihnen völlig leicht über die Lippen, und sie sind ganz und gar unwichtig.... Viel Freude damit!