Ich weiß, dass mein Erlöser lebt

Ausnahmsweise hatte ich hier ein Portrait einer sterbenden Frau veröffentlicht. Ich möchte aber nicht, dass es im Internet kursiert. Darum habe ich es jetzt gelöscht. Ich zeige es nur in meinen Kirchenausstellungen. Und ich bitte die Besucherinnen und Besucher, dies besondere Bild zu respektieren, indem sie es nicht abfotografieren. 

Im Laufe meines Pfarrerlebens saß ich an vielen Sterbebetten. Diese Sterbende war mir so eindrücklich, dass ich den tiefen Wunsch hatte, sie zu portraitieren. Sie war damit einverstanden. Bisher habe ich dieses Bild noch nie im Internet oder in einem Buch veröffentlicht. Ich habe es nur in den Ausstellungen in Kirchen gezeigt. Aber nun ist der Zeitpunkt, an dem solche Bilder gebraucht werden.  

 

Sie wusste, dass ihr Sterben schon in Sicht ist. Sie war sehr müde. Und sie war bereit. Als ich das Foto aufgenommen habe, das meinem Bild zugrundeliegt, waren es noch 2 Wochen bis zu ihrem Tod. Sie lag im Krankenhaus im Palliativzimmer. Sie war gut mit Schmerzmitteln versorgt. Die Pflegenden und Ärzte schauten fürsorglich nach ihr.  Angehörige und Freunde besuchten sie ab und zu. Niemand saß ständig an ihrem Bett. Das brauchte sie nicht. Sie fürchtete sich nicht. Sie war fest im Glauben. "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt... " Dieser Vers fasst für sie und für mich den ganzen Glauben zusammen. Händel hat eine Arie komponiert, der dieser Text zugrundliegt. Sie hat diese Arie in ihrem langen Leben mehr als einmal gesungen. Denn sie hatte eine sehr schöne Sopranstimme. Das war eine Gottesgabe. Sie hat sich ihr Leben lang Gesangsunterricht gegönnt, um ihre Stimme zu pflegen. Manchmal hat sie bei Festgottesdiensten oder anderen Gelegenheiten ihrer Schwesternschaft gesungen. Sie gehörte zur Korntaler Schwesternschaft, die sich der Pflege von Alten und Kranken widmet. Bei unseren Begegnungen haben wir auch zusammen gesungen. Ihre Stimme war immer noch glockenhell und glasklar. Wir sangen: "Wachet auf, ruft uns die Stimme....". Und: "Jerusalem, du hochgebaute Stadt..." Und: "So nimm denn meine Hände". Choräle enthalten so viel Trost. Wie gut, wenn man ein Repertoire in sich trägt, das in solchen Situationen helfen kann! Es trägt bis zur letzten Stunde. 

 

Einen Tag, bevor sie starb, brachte ich ihr das gemalte Portrait. Ihre Müdigkeit war noch größer als 13 Tage zuvor. Aber sie war noch klar. Sie hatte auf mich und das Bild gewartet. Sie freute sich daran und gab mir ihren Segen dafür. In meinen Ausstellungen ist es immer ein ganz wichtiges Bild, vielleicht das wichtigste überhaupt. Es erinnert die Betrachter_innen an Sterbebetten, an denen sie gewacht haben. Und es bringt ihnen wieder neu ins Bewusstsein, dass sie selbst eines Tages auch sterben werden. Oft ist dieses Bild der Anstoß für ganz tiefe Gespräche. 

 

Mir bricht schier das Herz, wenn ich daran denke, dass Sterbende in Kliniken und Heimen jetzt meistens gar keinen Besuch bekommen dürfen. Keine Angehörige, keine ehrenamtlichen Hospizhelfer, keine Seelsorger dürfen in die Krankenhäuser und Pflegeheime zu den Sterbenden. Das Personal muss versuchen, selbst für die Bedürfnisse der Sterbenden zu sorgen, so gut es geht. Manche Ärzte oder Pfleger bringen ihnen Handys, damit sie noch jemanden aus ihrer Familie oder aus dem Freundeskreis anrufen können. Schon das ist ein Liebesdienst, der bei der hohen Arbeitsbelastung gar nicht selbstverständlich ist. 

 

Eine Frau, die sich viel mit Sterbebegleitung beschäftigt, sagt: Wenn ihr für einen Angehörigen packen müsst, der ins Krankenhaus oder Pflegeheim kommt, gebt unbedingt ein Handy und Ladegerät mit! Und programmiert die wichtigen Nummern ein. Es könnte sein, dass ihr nur noch auf diesem Weg in Kontakt sein könnt."

 

Mir bricht schier das Herz, wenn ich mir vorstelle, dass Sterbende einfach weggebracht werden, ohne dass jemand noch eine Weile an ihrem Bett sitzen und Abschied nehmen kann. Wie fürchterlich ist das jetzt alles!

 

An vielen Sterbebetten habe ich erlebt, dass am Ende ein sehr großer Frieden da war. Es ist ein innerer Weg bis dorthin, und auch ein Prozess, der mit dem allmählichen Versagen der Organe zu tun hat. Es kann wirklich ein Kampf sein bis dorthin. Aber dann entsteht ein unsagbarer Frieden. Die meisten werden vor dem Sterben immer schläfriger. Sie tauchen schon vor dem Sterben in eine tiefe Bewusstlosigkeit ein. Dort empfinden sie keinen Schmerz und keine Angst. Der letzte Übergang geschieht ganz sacht. Wie oft habe ich das gesehen. 

 

Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Der Tod wird nicht mehr sein. Leid und Schmerz und Geschrei wird nicht mehr sein. Alles wird neu in der anderen Welt. Und wir werden Gott sehen. 

Lasst uns darauf hoffen!

 

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen schönen Sonntag. 

Gabriele Koenigs 

 

 

 

 

 

 

Hier ist die Arie "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt" aus dem Oratorium "Der Messias" von Georg Friedrich Händel. Viel Freude beim Anhören! 


Im Moment stelle ich aus diesen täglichen guten Gedanken ein Buch zusammen. Dieses Bild und dieser Text werden auch darin enthalten sein. Es wird am 1. Juni erscheinen. Sie können es bis zum 11. Mai zum Sonderpreis von 16,50 € vorbestellen. Danach wird es 17,50 € kosten.  Ich freue mich über Vorbestellungen. Denn sie helfen mir, die Anzahl der Exemplare zu definieren, die ich drucken lasse. 

Gute Gedanken. Das Buch erscheint am 1. Juni 2020 im Selbstverlag. Es wird 17,50 € kosten. Vorbestellpreis bis zum 11.5.2020.: 16,50 €.

Das Buch ist die überarbeitete Fassung meiner täglichen guten Gedanken, die ich während der Corona-Krise auf meinem Blog veröffentlicht habe. Es enthält 56 Innenseiten und ist auf bestem Bilderdruckpapier gedruckt. Auf Wunsch versehe ich Ihr Exemplar gerne mit einer Signatur oder mit einer persönlichen Widmung. Vermerken Sie dies bitte bei Ihrer Bestellung, falls Sie das wünschen! 

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