Von Gott berührt

berührt. Aquarell (2019). Privatbesitz
berührt. Aquarell (2019). Privatbesitz

Peter ist Mönch. Ich bin ihm in Jerusalem begegnet. Er saß in der Kirche "St. Anna" und achtete dort auf die Ordnung und den Frieden. St. Anna ist eine gastfreundliche Kirche mit einer wunderbaren Akustik. Sie liegt an der Via Dolorosa. Fast alle Pilgergruppen wollen dort hinein und dort singen. Sie dürfen dort singen. Sie bringen ihre Lieder aus ihren Kulturen und Glaubenstraditionen. Man hört dort alle Sprachen und sieht dort alle Hautfarben und hört alle Harmonien. Mit aller Inbrunst bringen sie ihre Lieder. Peter achtete darauf, dass niemand zu lange singt. Denn es warteten viele Gruppen darauf, dass sie an die Reihe kommen. Ganz dezent gab er den Gruppen das Zeichen zum Beginnen und zum Aufhören. Jede Gruppe durfte sich im Altarraum aufstellen für ihren Gesang. Die anderen Gruppen saßen in den Bänken und hörten zu. 

 

Ich war auch mit einer Gruppe dort. Wir sangen alle für unser Leben gern. Wir waren eine bunte Gruppe. Manche waren Christen, manche Buddhisten, manche Agnostiker. Manche haben aufgehört, sich in der Hinsicht zu definieren. Sie können gar nicht mehr sagen, welchem Glauben sie angehören.  Wir alle tragen die große Sehnsucht nach Gott in uns, und wir legen sie hinein in unsere Lieder. Wir alle wissen, dass Gott viel größer ist als unsere menschlichen Begriffe und Worte. Als wir an die Reihe kamen, begannen wir mit einem schlichten Lied aus Taizé. Aber bald fingen wir an zu improvisieren, so wie es in dem Augenblick über uns kam. Wir sangen mit den Tönen und Rhythmen und Harmonien, die in dem Augenblick entstanden, in der Gegenwart des Göttlichen, die in diesem Moment so deutlich zu spüren war. Wir legten unsere ganze Sehnsucht und Anbetung, unseren Lob und Dank hinein in unsere Klänge. Das waren gar keine traditionellen Lieder. Niemals zuvor hatte jemand das gehört. Wir auch nicht. Wir hatten es nicht geprobt. Es entstand in diesem Augenblick. Ich sang meistens mit geschlossenen Augen. Wenn ich die Augen aufmachte, sah ich die Leute in den Bänken. Sie waren genauso ergriffen wie wir selbst. Eigentlich wussten wir, das jede Gruppe so ungefähr 5 Minuten bekommt. Peter hatte uns das vorher gesagt. Aber er gab kein Zeichen zum Aufhören. Wir durften weitersingen und weitersingen. Ungefähr nach 20 Minuten wurde unser Gesang immer leiser und verschwebte dann in einer großen Stille. Als wir die Kirche verließen, sagte Peter zu uns: "Kommt wieder! Kommt, so oft ihr wollt! Und singt, solange ihr wollt!" Er dankte uns, und wir dankten ihm. 

 

Dieser Mönch hat mich sehr beeindruckt. Wir haben in Jerusalem auch viel anderes erlebt: Spannung zwischen den Religionen und Konfessionen, und schreckliches Mißtrauen. Immer die Frage: Bist du rechtgläubig? Kennst du die Zeremonien, die uns heilig sind, und kannst sie korrekt mit vollziehen? Oder bist du vielleicht ein Ketzer, ein Abtrünniger, ein Irrlehrer? Dieses latente Misstrauen schlägt immer wieder in Gewalt um, nicht nur in der Grabeskirche und an der Klagemauer und auf dem Tempelberg. Glaubende können einander so erbittert bekämpfen. Das ist die dunkle Kehrseite der Religion. 

 

Peter hat die helle Seite verkörpert. Von ihm ging Vertrauen aus, Weitherzigkeit. Keine Spur von Misstrauen war in ihm. Darum habe ich ihn gemalt. Und letztes Jahr habe ich ihn sogar ausfindig machen können und ihm eine Fotografie meines Bildes schicken können. Zu meiner grossen Überraschung hat sein Orden dieses Bild von mir erworben. Ich habe mich darüber natürlich sehr gefreut. Das ist das erste Bild von mir, das nun in einem Kloster hängt. 

 

Sein Orden hatte ursprünglich die Aufgabe der Afrikamission. Sie trugen ein weißes Ordensgewand. Um den Afrikanern zu zeigen, dass sie sich für sie interessieren und brüderlich unter ihnen leben wollen, wählten sie sich den roten Fes als Kopfbedeckung. Sie wurden "peres blanches" genannt, wegen ihrem weißen Gewand. Die ersten Missionare waren Weiße aus Europa. Es kamen dann aber auch Afrikaner hinzu. Und ihr Verständnis von Mission hat sich gewandelt. Es liegt ihnen viel am Gespräch mit den Muslimen. Es liegt ihnen viel am Frieden zwischen den Religionen. Sie beteiligen sich am interreligiösen Dialog. 

 

Wenn Peter mir schrieb, beendete er sein Email mit dem arabischen Gruß: Salaam! (übersetzt: Friede sei mit dir)

 

Der heilige Geist ist ein Geist des Friedens, der Freude und der Besonnenheit. Er überwindet unsere Furcht, unser Misstrauen und unsere Engstirningkeit. Manchmal ist er so deutlich zu spüren wie in der Kirche St. Anna, Gott sei Dank. Möge er uns immer wieder ergreifen und näher zu Gott führen.  

 

Komm, heiliger Geist, und entzünde in unseren Herzen das Feuer deiner Liebe! 

 

 

 

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche. 

Gabriele Koenigs 

 

 


Hier kommt ein Lied aus Taizé, gesungen von einer großen und bunten Gemeinde:

Veni sancte Spiritus, tui amoris ignem accende! (Übersetzt: Komm, heiliger Geist, entzünde das Feuer deiner Liebe). 

 

Viel Freude beim Anhören und Schauen und Mitsingen! 

 

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Nun ist mein neues Buch aus der Druckerei gekommen. Es ist wunderschön geworden.

In den nächsten Tagen werde ich es an alle versenden, die es vorbestellt haben. Ich hoffe, dass Sie alle es bis zum Pfingstfest in den Händen halten werden, und dass Sie ganz viel Freude damit haben werden. 

 

Gute Gedanken. Das Buch erscheint am 1. Juni 2020 im Selbstverlag

Das Buch ist die überarbeitete Fassung meiner täglichen guten Gedanken, die ich während der Corona-Krise auf meinem Blog veröffentlicht habe. Es enthält 64 Innenseiten und ist auf bestem Bilderdruckpapier gedruckt. Auf Wunsch versehe ich Ihr Exemplar gerne mit einer Signatur oder mit einer persönlichen Widmung. Vermerken Sie dies bitte bei Ihrer Bestellung, falls Sie das wünschen! 

18,50 €

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