Monika kennt sich selbst nicht mehr. Eigentlich hat sie die Weihnachtszeit immer gerne gestaltet. Das Haus schön dekorieren, Plätzchen backen, basteln, Gäste einladen und Geschenke einpacken: Das hat sie immer gerne getan. Dieses Jahr ist es ihr aber alles fragwürdig. Sie weiß schon, dass ihre Kinder an Weihnachten nicht kommen können. Sie leben in England. Die Reise ist dieses Jahr nicht möglich. Ihr Mann ist vor ein paar Jahren gestorben. Sie lebt alleine. Ein guter Freund, mit dem sie sich gerne trifft, ist im Krankenhaus. Es ist ganz offen, was aus ihm wird. So muss sie wahrscheinlich die Weihnachtstage alleine verbringen. „Gar keine schöne Aussicht“, denkt sie. „Ich habe wirklich gar keine Lust auf Weihnachten.“
Immerhin ist sie nicht ganz alleine. Ihr Freund hat ihr seinen Hund in Pflege gegeben. Mit ihm muss sie jeden Tag nach draußen. Wenn der Hund nicht wäre, würde sie sich an manchen Tagen völlig drinnen verkriechen. Die Runde an der frischen Luft mit dem Hund tut ihr gut. Und ab und zu trifft sie wenigstens jemanden. Ein paar nette Worte gehen hin und her. Das hilft auch.
In der Woche vor dem 1. Advent hat sie sich eine Packung Kerzen gekauft. „Immerhin“, denkt sie. „Kerzen muss ich im Haus haben, wenn es Weihnachten wird“.
Am Samstag vor dem 1. Advent ist sie so niedergedrückt, dass sie sich zu nichts aufraffen kann. Sie hat den Weihnachtskoffer vom Dachboden geholt, immerhin. Aber sie mag die Sterne und Kugeln und Engel gar nicht in die Hand nehmen. Sie stellt den Koffer in die Ecke. Ihr Pflegehund ist neugierig. Er beschnüffelt die Sachen im Koffer und holt schließlich eine goldene Kugel heraus. Treuherzig bringt er ihr seinen Fund und wedelt vor lauter Freude mit dem Schwanz. Es sieht zu komisch aus. Nun muss sie doch ein wenig grinsen. „Was soll ich jetzt mit der Kugel?“ „Eine einzige Kugel aufhängen sieht ja auch blöd aus.“
Sie kramt ein paar Sachen aus dem Koffer. Alles ist voller Erinnerungen. Manche von den Strohsternen stammen noch von ihrem Mann. Ein Scherenschnitt ist von ihrem jüngsten Enkel. Eine besonders wertvolle Kugel stammt von ihrer besten Freundin. Sie nimmt die Sachen in die Hand und denkt an die Menschen, die ihr so lieb sind. Wie kostbar sind die Erinnerungen! „Ihnen zuliebe will ich jetzt doch ein bisschen schmücken“, denkt sie. „Es würde ihnen nicht gefallen, wenn ich mich so hängen lasse!“ Sie geht emsig hin und her. Allmählich vergisst sie, dass sie eigentlich gar keine Lust hatte. Etwas von der Monika von früher lebt noch in ihr. Etwas von ihrem Humor und ihrer Fantasie ist immer noch da. Und auch etwas von ihrem Glauben.
Abends dreht sie nochmals eine kurze schnelle Runde mit dem Hund. Es ist eiskalt. Von ferne hört sie Trompetentöne. Jemand spielt: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“. Welche Überraschung! Es hört sich an, als kämen die Töne von draußen aus dem Wald. Unwillkürlich fängt sie an mitzusingen. Hier draußen wird niemand es hören. Und wenn schon…
Daheim angekommen, macht sie sich einen warmen Tee und zündet eine Kerze an. Und sie nimmt sich einen großen Zettel und einen Stift. Sie schreibt: Dieses Weihnachten wird besonders. Allmählich beginnen die Ideen zu fließen. Erfinderisch ist sie schon immer gewesen. Sie schreibt sich viele Stichworte auf. Die Vorderseite ist schnell voll. Manche Ideen sind ziemlich ungewöhnlich. Sie ruft eine Freundin an und liest ihr ein paar von ihren verrückten Ideen vor. Sie lachen zusammen. Sie verabreden sich für den 1. Advent.
Als sie zu Bett geht, flüstert sie ihrem Pflegehund ins Ohr: „Ein kleines bisschen freue ich mich jetzt doch auf Weihnachten!“
(Diese Geschichte ist heute für Sie, meine Leserinnen und Leser, ganz aktuell entstanden)
Dass Weihnachten dieses Jahr anders sein wird, ist uns allen klar. Vieles, was wir bisher gewohnt waren, geht nicht. Nehmen wir es als Chance, das Fest nochmals neu zu erleben und zu gestalten.
Ich schlage Ihnen heute vor:
Zünden Sie sich eine Kerze an. Machen Sie es sich richtig gemütlich. Und lassen Sie Ihre eigenen Ideen sprudeln. Was wollte ich eigentlich schon immer in der Adventszeit tun und habe mich nur nicht getraut? Was ist mir sonst untergegangen, vor lauter Hektik und Trubel? Was könnte ich mir in diesen nächsten 4 Wochen vornehmen? Und was kann ich sein lassen?
Ich gestalte dieses Jahr einen Adventskalender für Sie. Heute ist der 1. Tag. Ein Bild ist unter der Goldfolie versteckt. Tag für Tag werde ich ein Stückchen mehr davon zeigen. Jeden Tag erzähle ich Ihnen eine Geschichte. Und ich mache Ihnen jeden Tag einen Vorschlag für die Gestaltung dieser besonderen Advents- und Weihnachtszeit. Lassen Sie sich überraschen. Und überraschen Sie andere. Machen wir diesen Advent zu einer unvergesslichen Zeit.
Ich wünsche Ihnen einen schönen 1. Advent
Gabriele Koenigs
Hier können Sie mitsingen, und der Text steht sogar dabei. Sie brauchen nicht einmal ein Gesangbuch. Viel Freude dabei!
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