Unverhofftes Lachen

Ich bin spät aufgestanden. Mir war schwer ums Herz. Nach dem Frühstück legte ich mich nochmals ins Bett. Ich schickte ein paar Emails und Facebook-Nachrichten auf den Weg und las, was andere mir geschrieben hatten. Es dauerte eine Weile, bis ich bereit war, mich dem Leben zu stellen. Endlich ging ich unter die Dusche. Als ich fertig war, wollte ich die Treppe hinaufgehen, um mich anzuziehen. Meine Kleider lagen oben im Zimmer. Aber auf der Treppe erschien mein Mann und machte mir aufgeregt Zeichen, dass ich verschwinden sollte. In dem Moment hörte ich eine Stimme. Sie ist mir wohlbekannt. Es ist unser Schornsteinfegermeister. Er war gekommen, um unseren neu eingebauten Kaminofen abzunehmen. Wir hatten schon einige Tage sehr auf ihn gewartet. Wir hatten ihn um sein Kommen gebeten, aber er hatte sich nicht festgelegt, wann er kommen wollte. Nun war er gekommen und ich hatte sein Klingeln nicht gehört. Eilig drehte ich um und verschwand wieder im Badezimmer.

 

Der Spiegel war beschlagen. Ich wischte ein wenig von der Feuchtigkeit weg. Unwillkürlich musste ich lachen. Heute morgen hatte ich schon eine Aufgabe bekommen, per Email: „Schau dich heute im Spiegel an und gönn dir ein Lächeln! Gönne dir dein Lächeln!“ „Okay“, hatte ich gedacht. „Irgendwann mache ich das!“ Einige Augenblicke später hatte ich die Aufgabe schon wieder vergessen. Ich war mit schweren Gedanken beschäftigt. Aber nun, wo ich splitternackt im Badezimmer vor dem Spiegel stand, fiel mir die Aufgabe wieder ein. Ich lächelte mir zu.  Ich bin freigiebig mit meinem Lächeln. Aber normalerweise schenke ich es nur anderen, nicht mir selbst.

 

Es war gut, aber nach ein paar Augenblicken hatte ich genug. Der Schornsteinfegermeister war immer noch da. Er liebt es, ausführlich mit den Kunden zu reden. Er hat immer viele Informationen auf Lager. Ich konnte noch nicht herauskommen. Was jetzt tun? Ich erinnerte mich, dass ich mir vor einiger Zeit eine ganz gut duftende Hautcreme gekauft hatte. Ich hatte sie noch gar nicht benützt. Jetzt war die Gelegenheit. Ich konnte ja sowieso nichts anderes tun. Sorgfältig cremte ich mich ein, von Kopf bis Fuß. Der Duft hüllte mich ein. Herrlich!

 

Von weitem hörte ich, wie mein Mann immer wieder Ansätze machte, das Gespräch zu beenden. Der Schornsteinfegermeister wollte immer noch nicht gehen. Was sollte ich nun mit mir anfangen?

 

Mein Mann macht morgens ein paar Kniebeugen, um die Knochen in Schwung zu halten. Er hat mir schon oft empfohlen, das auch zu tun. Aber ich bin dafür zu faul. Und ich habe immer schon im Kopf, was zu erledigen ist. Aber nun gab es ja nichts zu erledigen. Ich machte ein paar Kniebeugen und stellte mich gar nicht geschickt an. Die Knochen knackten hin und wieder. Ich musste lachen. Noch einmal schaute ich in den Spiegel und lächelte mir zu. Es sah gar nicht gemacht aus, es kam von Herzen. Die ganze Situation war einfach zu komisch.

 

Endlich ging der Schornsteigerfeger. Mein Mann kam gleich zu mir ins Badezimmer. „Mann o Mann, der hat immer so viel zu reden!“ „Aber immerhin hat er unseren neuen Ofen freigegeben.“ „Super“, sagte ich. „Und ich hatte inzwischen was zum Lachen!“

 

Auch an schweren Tagen kann sich unverhofft etwas Lustiges ereignen. Haben Sie das auch schon erlebt? Es ist, wie wenn uns ein Moment geschenkt wird, in dem wir aufatmen können. Lachen bringt übrigens ganz viel Sauerstoff in das Gehirn, genauso wie Seufzen und Gähnen. Lachen ist wirklich gesund.

 

Wenn sich etwas Lustiges ereignet, nehmen Sie es als Geschenk. Und gönnen Sie sich ab und zu ein Lächeln. Nicht nur den anderen. Gönnen Sie es sich selbst.

 

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

Gabriele Koenigs