Ellies erstes Krippenspiel

 

 

Ellie war aufgeregt. Sie durfte zum ersten Mal beim Krippenspiel in der Kirche mitmachen. Weil sie ein kleines Mädchen war, durfte sie Engel spielen. Sie bekam große silberne Flügel und ein weißes Gewand. Wunderbar! Wochenlang übten sie in der Kirche für die Aufführung. Ihre große Schwester Hanna war auch ein Engel. Hanna hatte eine wohlklingende Stimme und hatte schon mehrmals im Chor mitgesungen. Ellie war erst drei Jahre alt. Sie konnte die Melodie noch nicht so gut halten. Aber sie sang gerne. Bei den Proben in der Kirche sang sie ganz leise und zurückhaltend. Meistens schaute sie hauptsächlich, was um sie herum passierte.  

 

Manchmal übte die Großmutter zuhause mit ihr. Wort für Wort sprach sie ihr den Text vor. Ellie musste alles genau wiederholen. Tatsächlich konnte sie bald die Wörter ganz genau. „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens“. Das waren schwierige Wörter. Zum Teil waren sie sogar in einer ganz fremden Sprache. „Gloria“, hieß es da zum Beispiel. So ein klangvolles Wort. Ellie hatte so etwas noch nie gehört. Aber schließlich waren es die Worte der Engel. Es lohnte sich, diese Worte genau zu lernen. Mit der Melodie war es schwieriger. Die Großmutter seufzte manchmal: „Du bist so ein unmusikalisches Kind!“ „Es wäre besser gewesen, wenn sie dich als Hirtenjungen eingeteilt hätten!“ Ellie schaute ganz traurig. Großmutter sagte: „Wer weiß, vielleicht wird deine Stimme besser, wenn du größer bist. Deine Schwester Hanna hat so eine schöne Stimme. Nimm sie dir als Vorbild.“ Jedenfalls üben wir, so viel wir können. Wir schaffen das schon“.

 

Ellies Mutter hatte nicht so viele Bedenken. „Nimm das nicht so furchtbar ernst“, sagte sie zu ihrer Mutter. Es sind doch Kinder. Und es ist einfach nur ein Krippenspiel. Sie treten doch nicht in der Oper auf. Hauptsache, sie verkündigen die Freude an der Geburt von Jesus! Hauptsache, dass ihre Freude für die Leute in der Kirche ansteckend ist! Dieses Krippenspiel wird etwas Besonderes. Sie haben in diesem Jahr sogar ein echtes Baby dabei! Ich freue mich sehr darauf.“

 

Endlich kam der große Tag. Ellies Mutter sagte zu ihr: Ich freue mich so auf euer Krippenspiel. Sing schön, und sing laut. Sing so laut, dass ich dich hören kann, auch wenn ich weit hinten sitze! Ellie nickte. „Und sprich deutlich! Ihr habt eine wichtige Botschaft zu verkündigen! Die Leute sollen das hören!“ Ellie nickte. Das hatte sie wirklich verstanden.

Die Kirche füllte sich bis auf den letzten Platz. Natürlich waren alle Eltern und Geschwister und Großeltern der Mitwirkenden gekommen, und dazu noch viele andere Leute. Manche hatten nur einen Stehplatz. Ellie sah ihre Mutter ganz weit hinten stehen. Sie winkte ihr kurz zu, und ihre Mutter winkte zurück.

 

Es dauerte lange, bis die Engel auftreten durften. Zuerst ging es alles nur um Maria und Josef, wie sie nach Bethlehem wanderten und eine Unterkunft suchten, damit das Baby zur Welt kommen kann. Aber dann war es endlich geschafft. Das Baby lag in der Krippe. Es konnte sogar schon ein paar Töne machen. Alle in der Kirche hörten das und freuten sich. Zum Glück fing es nicht an zu schreien. Es waren nur zufriedene Töne, solche, die man gerne hört. Stolz schauten Maria und Josef auf ihr Kind.

 

An einem versteckten Platz stand die wirkliche Mutter des Babys und passte auf, dass ihm nichts passiert. Und sie hatte ihre Kamera dabei. Sie filmte ihr kleines Baby, das heute den kleinen Jesus spielen durfte. Und sie filmte natürlich auch die anderen Kinder.

 

Endlich kamen die Engel dran. Es war eine kleine Kirche. Darum mussten die Engel sich direkt hinter Maria und Josef aufstellen. Eigentlich hatten sie draußen auf dem Feld bei den Hirten gesungen. Aber so war es schöner. So konnten sie auch das kleine süße Baby sehen. Sie legten sich ins Zeug. Sie sangen ihr Lied: „Ehre sei Gott in der Höhe…“ Es war mitreißend. Ellie sang, so laut sie konnte, mit ihrer ganzen Begeisterung. Sie wusste ja ganz genau, wie dieses Lied geht. Sie hatte es schon so oft geübt. Hanna schaute manchmal zu ihr hin, mit strengem Blick. Ellie störte das nicht. Jetzt hatte ihre große Schwester mal nichts zu sagen. Sie musste schließlich auch singen. Der kleine Junge, der den Josef spielte, drehte sich immer wieder um und schaute zu ihr hin. Und dann probierte er, so laut und begeistert zu singen wie sie. Er schaffte das nicht ganz. Aber er war ja auch kein Engel. Ellie hörte, dass manche Leute in der Kirche lachten. Und sie sah, dass die Mutter von dem kleinen Baby ihre Kamera in der Hand hatte und lachte. „Lachen ist gut“, dachte Ellie. Heute ist ja wirklich ein fröhlicher Tag. Heute feiern wir Weihnachten!“

 

Als der Auftritt der Engel zu Ende war, verschwanden sie wieder hinter der Kulisse. Ellie war glücklich. Sie hatten es geschafft! Die Leute in der Kirche waren so fröhlich! Es hatte ihnen wohl gefallen. Aber Hanna gab ihr einen Puff und sagte: „Du mit deiner unmusikalischen Stimme hast beinahe alles durcheinandergebracht! Du hast so laut und so falsch gesungen! In Zukunft musst du leiser singen, wenn du schon in einem Chor mitsingst! Bei einem Chor darf man niemals eine Stimme heraushören. Alle müssen gleich laut sein!“ Ellie war sich keiner Schuld bewusst. „Mama hat gesagt, dass ich ganz laut singen soll!“ „Und wir waren ja kein ganz normaler Chor. Wir waren die Engel, oder?“ Dagegen konnte selbst Hanna nichts mehr sagen.

 

Im Internet findet man den kleinen Film, den die Mutter des kleinen Babys damals gedreht hat. Ich habe ihn hier unten angefügt. Schauen Sie und genießen Sie! Alles ist in englischer Sprache. Sie werden es dennoch verstehen. Es ist einfach zu köstlich. 

 

Ich wünsche Ihnen und Euch allen einen guten Tag. 

Gabriele Koenigs

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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