Im Alter trage ich mohnrot

Im Alter trage ich mohnrot. Aquarell von Gabriele Koenigs (2021). Im Passepartout für Bilderrahmengröße 40 cm x 40 cm. Als Original erhältlich
Im Alter trage ich mohnrot. Aquarell von Gabriele Koenigs (2021). Im Passepartout für Bilderrahmengröße 40 cm x 40 cm. Als Original erhältlich

Vor einigen Jahren besuchte ich eine alte Tante. Es war ein kalter Herbsttag. Nach dem Essen gingen wir eine Runde spazieren. Über ihrem dunklen Mantel trug sie einen roten Schal. „Ich habe ein Buch gelesen mit einem bemerkenswerten Titel“, erzählte sie. „Im Alter trage ich mohnrot!“ „Das hat mir so gefallen, dass ich mir jetzt diesen Schal geleistet habe.“ Sie trug ihn mit Vergnügen.

 

Mohnblumen haben eine besondere Schönheit. Sie sind im Grunde ganz schlicht. Ihre Blütenblätter sind ganz zart, beinahe durchsichtig. Jede Blüte vergeht schon nach wenigen Tagen. Aber sie stehen da und leuchten ohne Scheu. Sie ziehen die Insekten an und auch die Blicke der Menschen. Sie besiedeln Mauerritzen, Wegränder, Felder und Gärten. Sie halten sich nicht zurück. Mohnblumen fallen immer auf.

 

„Du sollst nicht auffallen. Sei zurückhaltend und bescheiden. Eitelkeit steht dir nicht.“ "Falle höchstens auf durch deine Hilfsbereitschaft und deine Freundlichkeit!“ Solche und ähnliche Sätze hat meine Tante oft gehört. Auch ich wurde noch so erzogen. Es war mir eher unangenehm, angeschaut zu werden. Ich hätte ab und zu gerne eine Tarnkappe habt, um unsichtbar zu sein. Erst allmählich habe ich es gelernt, mich sehen zu lassen. Der Beruf hat mir dazu viel geholfen. Denn ich musste mich sehen lassen, um meine Aufgabe zu erfüllen. Ich musste meine Scheu überwinden, so schwierig es auch war. Rote Schuhe oder ein rotes Kleid habe ich trotzdem nie getragen, nicht einmal einen roten Schal. Aber ich leiste mir jetzt auch ab und zu etwas Ausgefallenes, ein Kleidungsstück oder ein Schmuckstück, das ich gerne trage und das die Blicke anzieht.

 

Je älter wir werden, desto deutlicher kommt uns zu Bewusstsein, dass unsere Lebensspanne begrenzt ist. Wer weiß, wie lange wir noch hier sein können? Unsere Haut ist nicht mehr makellos. Sie bekommt immer mehr Flecken und Runzeln. Die Haare verlieren ihre ursprüngliche Farbe. Wir ermüden schneller. Sollen wir uns nun verstecken, weil wir nicht mehr so schön sind und so leistungsfähig wie früher?

„Lasst euer Licht leuchten“, hat Jesus gesagt. Das gilt auch für uns Ältere.

 

Nächste Woche werde ich mit einer Kursgruppe Mohnblumen malen. Alle Teilnehmerinnen sind schon betagt. Manche haben erst im Alter mit dem Malen begonnen. „Erst jetzt gönne ich mir das Malen“, sagt eine von ihnen. „Früher hatte ich so viel Pflichten im Alltag mit meiner Familie und meinem Beruf. Für ein Hobby war gar keine Zeit.“ Nun strahlt sie, wenn ein Bild gelungen ist. Sie lebt auf. Sie schaut gerne an, was sie geschaffen hat, und hängt es in ihrem Zimmer auf. Sie macht Karten von ihren Bildern und verschenkt sie in ihrem Freundeskreis. Sie genießt die Freiheiten, die sie jetzt im Alter hat. Sie pflegt ihre Freundschaften und knüpft gerne neue Kontakte mit Gleichgesinnten. Sie lässt ihr Licht leuchten. 

 

Ich freue mich auf die Woche mit meiner Kursgruppe. Und ich werde ihnen das Gedicht vorlesen, welches so beginnt: „Wenn ich einst alt bin, trage ich Mohnrot…“

 

Ich wünsche euch allen und Ihnen allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche

Gabriele Koenigs


Hier kommt ein Lied aus Südafrika: 

Freedom is coming - o yes, I know. Das ist schon der ganze Text.

Übersetzt: Die Freiheit kommt. Oh ja, ich weiß!!!!!! 

Wahrlich ein Mutmachlied! 

Gesungen wird es von Barbara Swetina und Leuten aus der Kommunität Findhorn in Schottland. 

Viel Freude beim Anhören und Mitsingen! 

 

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