
Ich bin mit meinem Mann in die Berge gefahren. Endlich mal wieder. Wir haben eine Ferienwohnung im Allgäu gebucht, in einer Gegend, die wir bisher noch nicht kannten. Die Wirtin hat schon im Vorhinein sehr freundlich geschrieben. Sie hat keine Anzahlung verlangt. "Sie können bezahlen, wenn Sie hier sind", hat sie geschrieben.
Als wir ankamen, hat sie uns freundlich begrüßt und die Wohnung gezeigt. Auf dem Tisch stand ein frischer Strauß mit Pfingstrosen. Im Kühlschrank warteten kühle Getränke. Unsere Gästekarten und allerhand Prospekte und Informationsmaterial über die Gegend lagen für uns bereit. "Ich wünsche Ihnen eine schöne, erholsame Zeit bei uns", sagte sie. "Wenn Sie etwas brauchen, können Sie einfach bei mir klingeln." Sie wohnt im selben Haus. Sie hat gerne Gäste. Das ist deutlich zu spüren. Sie begegnet uns mit Wohlwollen.
Dieses Wohlwollen begegnet uns auch von anderen Menschen. Wir wollten mit dem Fahrrad zu einem kleinen Weiher fahren - in der Hoffnung, dass dort das Wasser vielleicht schon warm genug ist zum Schwimmen. An einer Kreuzung standen wir und haben die Karte studiert. Es war uns nicht wirklich klar, wie wir den Weiher finden können. Ein Radfahrer kam uns entgegen und fragte: "Kann ich euch helfen? Wo wollt ihr hin?" Als wir es ihm erzählt hatten, erklärte er uns den Weg. Und er sagte: "Wenn ihr hier geradeaus weiterfahrt, kommt ihr zum Weißensee. Das ist viel näher und einfacher zu finden." Wir sagten: "Das ist ein großer See. Ist denn das Wasser dort schon warm genug?" Er strahlte uns an und sagte: "Ich komme gerade von dort. Ja, es ist herrlich!" Wir folgten seinem Rat und es war wirklich herrlich.
Wohlwollen ist so etwas Schönes. Dem anderen das Beste wünschen und das Beste gönnen. Selbst wenn man diesen anderen gar nicht kennt oder kaum kennt. Misstrauen ist das Gegenteil. Vorsicht, dieser andere könnte mir schaden! Vorsicht, dieser andere könnte gefährlich sein! Misstrauen macht Herzen eng. Wohlwollen macht sie weit.
Als ich noch Pfarrerin war und Gottesdienste gestaltet habe, war es für mich immer ein besonderer Moment, den Gottesdienst zu eröffnen. Nach dem Orgelvorspiel trat ich vor die Gemeinde, wendete mich den Menschen zu und sagte: "Gnade sei mit euch, und Friede, von Gott unserem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus." Das waren die ersten Worte, die aus meinem Mund kamen. Ich habe sie nicht erfunden. Sie stammen aus der langen christlichen Tradition. Sie sprechen das Wohlwollen Gottes den Menschen zu.
Dieses Wohlwollen Gottes ist viel größer als alles, was wir in menschlichen Beziehungen kennen. Es ist bedingungslos. Es gilt jedem und jeder. Es hört niemals auf. Es reicht, so weit der Himmel ist. Gemeinsam haben wir uns daran erinnert, wenn wir zusammen einen Psalm gebetet haben.
"Herr, deine Güte reicht,
so weit der Himmel ist,
und deine Wahrheit,
so weit die Wolken ziehen." (Psalm 36)
Unser menschliches Wohlwollen hat Grenzen. Manchmal sind wir zu sehr in uns selbst gefangen, um jemand anderem Gutes zu gönnen. Manchmal sind wir wie blockiert durch unsere eigenen Themen und Erfahrungen, um jemand anderen überhaupt wahrnehmen zu können. Manchmal sind wir viel zu erschöpft oder viel zu hektisch oder viel zu ängstlich.
Ein Gewitter tobt gerade in der Nähe. Wir sehen die Blitze und hören den Donner grollen. Es ist finster. Eine unheimliche Stimmung liegt in der Luft. Wir sind schon wieder vom Wandern zurück. Ein Glück, dass wir nicht mehr auf der Höhe sind! Wir können das Schauspiel vom Fenster aus beobachten. Es wird eine Weile dauern. Große Spannung entlädt sich. Der Regen kommt in Strömen. Es wird deutlich kühler. Es wird der Moment kommen, wo sich die Wolken verziehen und das Licht durchbricht. Welch eine Erleichterung, wenn das Gewitter vorbei ist.
So groß ist auch die Erleichterung, wenn wir Wohlwollen spüren. Es bricht durch, in anderen und in uns selbst. Immer wieder geschieht es. Welch ein Geschenk! Der Himmel öffnet sich.
Mögen wir das immer wieder erleben. Und möge das große Wohlwollen Gottes abfärben auf unsere kleinen Begegnungen im Alltag.
Alles Liebe und Gute für Sie und für euch!
Gabriele Koenigs
Hier finden Sie ein schönes Lied zu dem Psalmvers: "Herr, deine Güte reicht so weit der Himmel ist". Der Berliner Komponist August Eduard Grell (1800 - 1886 )hat die Melodie erschaffen. Viel Freude beim Anhören!
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Mein neues Buch ist aus der Druckerei gekommen, gerade rechtzeitig vor unserer Abfahrt. Es ist wunderschön geworden. Bei der Vernissage am 4.7.2025 wird es zum ersten Mal erhältlich sein. Ich freue mich darauf, es denen zu übergeben, die es vorbestellt haben, und denen, die es in der Ausstellung durchblättern und entdecken.
Ab dem 7. Juli fange ich an, das Buch an diejenigen zu verschicken, die es nicht in Schwaigern abholen können. Machen Sie bitte einen Vermerk bei Ihrer Buchbestellung, ob ich das Buch schicken soll oder ob Sie es selbst abholen werden.
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